Körperliche Folgen der Essstörung sind fatal – Darum ist die Therapie so wichtig

Neben der psychischen Belastung hat eine Essstörung fatalen Folgen für den Körper. Ich zeige dir welche das sind und weshalb eine Therapie so wichtig ist. Schließlich behindern die Auswirkungen den normalen Alltag. Zudem kann es zu irreversiblen Schädigungen bis hin zum Tod kommen. Je nach Art der Essstörung können die einzelnen Symptome variieren.

Körperliche Folgen der Essstörung

Raubbau am Körper – Fatale Folgen der Essstörung

Neben psychischen Problemen führen das geänderte Essverhalten sowie die Gewichtsabnahme zu körperlichen Schäden. Extremes Fasten, Erbrechen oder der Missbrauch von Diuretika bzw. Abführmittel sind eine immense Belastung für den eigenen Körper. Je länger die Essstörung besteht, desto augenscheinlicher werden die verschiedenen Symptome.

Anfänglich hatte meine Anorexie kaum Auswirkungen. Schließlich war ich gut genährt, sportlich und äußerst vital. Es waren genügend Ressourcen vorhanden. Anfänglich. Mit der schleichenden Verringerung meines Körpergewichtes stellten sich jedoch verschiedenste Probleme ein. Für mich sind die gestörte Verdauung, ständiges Frieren und Konzentrationsschwäche für den Alltag am meisten belastend. Da mein Körper durch den Energiemangel auf Sparflamme läuft, sind sportliche Aktivitäten nicht möglich. Ebenso das Tragen von schweren Gewichten (z. B. von Einkäufen) kann schon mal eine Herausforderung darstellen. In der Folge führt dieses „Paket“ wiederum zur psychischen Zerreissprobe.

Magersucht – der Körper auf Sparflamme

TurnschuheWenn dem Körper nur unzureichend Energie in Form von Nahrung zugeführt wird, schaltet er in eine Art Überlebensmodus. Er läuft auf Sparflamme. Typisch bei Magersüchtigen ist ein Abfall der Körpertemperatur, niedriger Blutdruck sowie verlangsamter Herzschlag. Aufgrund des Nährstoffmangels verringert sich zusätzlich die Muskelmasse. Anorektische Personen tendieren daher zum schnellen Frieren, haben meistens kalte Hände und Füße. Betroffen ist ebenso die Verdauung. Verstopfung bzw. unregelmäßiger Stuhlgang keine Seltenheit. Bei der Auswahl meiner Speisen muss ich sehr bedacht vorgehen, denn sehr schnell stellen sich Blähungen ein. Schwer verdauliche oder „neue“ Lebensmittel reizen ebenso meinen Magen. Deshalb führe ich ein Ernährungsprotokoll, um eine Übersicht zu haben.

Auswirkungen der Essstörung auf Magen und Darm bzw. Verdauung

Durch die reduzierte Nahrungsaufnahme kommt es unweigerlich zu Problemen im Bereich des Verdauungssystems. Da ich über viele Jahre nur kleinste Portionen zu mir genommen habe, ist mein Magen geschrumpft. Dadurch entstehen beim Essen sehr schnell eine Völlegefühl bzw. Schmerzen. Zusätzlich habe ich oftmals Blähungen und spüre ein unangenehmes Drücken im Unterbauch. Mein Darm hatte lange Zeit nicht viel zu tun, weshalb ich mit Verdauungsproblemen zu kämpfen habe. Unregelmäßiger und reduzierter Stuhlgang sorgen täglich für ein generelles Unwohlsein. Oder wie mein Opa zu Lebzeiten schon richtig sagte: „Wer rülpst und pfoazt, der braucht kan Oazt.“ Meine Fachärztin hat mir daher Molaxole und OptiFiber verschrieben. Diese fördern die Darmtätigkeit und somit die Stuhlentleerung. Keinesfalls solltest du eine Selbsttherapie durchführen, sondern immer Rücksprache mit deinem behandelnden Arzt halten.

„Wer rülpst und pfoazt, der braucht kan Oazt!“

(Zitat von meinem Opa)

Gestörter Hormon- und Nährstoffhaushalt

Ganz typisch bei Magersüchtigen ist die Abnahme der Geschlechtshormone. Betroffene leiden an einer herabgesetzten Libido. Bei Frauen setzt meist die Regelblutung aus und die allgemeine Fruchtbarkeit ist eingeschränkt. Generell sollten Essgestörte einen ständigen Blick auf die Elektrolyte sowie den Vitaminspiegel haben. Wird der Körper nur unzureichend mit Kalium und Phosphat versorgt, steigt das Risiko für Osteoporose. Ein möglicher Kaliummangel begünstig zusätzlich Schäden an Herz- wie Nierensuffizienz. Schlussendlich leidet auch das Immunsystem. Die Anfälligkeit für Infektionen steigt. Ich selbst bin bisher davon verschont geblieben. Regelmäßige Kontrollen meiner Blut- und Elektrolytwerte stellen sicher, dass sich bei mir keine Unterversorgung einstellt. Auch hier stellen meine Fachärztin und Diätologin eine wichtige Anlaufstelle dar.

Abbau von Hirn- und Muskelmasse

Studien konnten nachweisen, dass mit starkem Untergewicht die Abnahme der Hirnmasse einhergeht. Der Schwund vom Gehirngewebe resultiert in einer verminderten Leistungsfähigkeit der kognitiven Fähigkeiten. Konzentrationsstörungen und Merkfähigkeit sind die auffälligsten Symptome. Mit Normalisierung des Körpergewichts bildet sich das Gehirn aber wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurück.

Erschreckend! Mein Oberarm misst nur noch 18 cm Umfang.

 

Anorexie MannBei mir besonders auffällig ist der Rückgang der Muskelmasse. Früher war ich durchtrainiert und auf einem sehr hohen, körperlichen Leistungsniveau. Durch die Magersucht hat sich das leider gänzlich verändert. Ich merke häufig, dass ich recht schnell erschöpft bin. Bei einem objektiven Blick in den Spiegel kann ich erkennen, wie wenig tatsächlich übrig geblieben ist. Mein Oberarm misst gerade noch 18 cm Umfang.

Weitere körperliche Folgen einer Essstörung

Wie bereits gesagt sind die Auswirkungen einer Essstörung sehr vielfältig. Was auf einen Betroffenen zutrifft, kann bei einem Anderen ganz anders aussehen. Dennoch möchte ich hier noch ein paar Symptome anführen, die typisch sind:

  • Gestörtes Hunger- bzw. Sättigungsgefühl.
  • Trockene wie schuppige Haut und brüchige Nägel aufgrund der Unterversorgung.
  • In Extremfällen kann sich eine flaumartige Behaarung an Armen, Beinen und Rücken bilden. Dadurch versucht der Körper, nicht so schnell auszukühlen.
  • Ist der Eiweißspiegel über einen langen Zeitraum zu niedrig, sind Wasseransammlungen in den Beinen (Ödeme) möglich.
  • Bei Bulimie kann es zu Karies und Zahnausfall kommen. Auch Sodbrennen, Entzündungen der Speiseröhre und Magengeschwüre sind keine Seltenheit.

Therapie der Essstörung – Lebenswichtig

AnorexieDer gesunde Hausverstand weiß, dass eine Therapie der Essstörung lebensnotwendig ist. Die oben genannten Auswirkungen einer Unterversorgung führen unbehandelt zu schwerwiegenden Erkrankungen bzw. können sogar tödlich enden. Nicht umsonst weißt eine Essstörung ein Mortalitätsrate von 15 – 20 % auf. Bei extremen Untergewicht sollte auf alle Fälle ein stationärer Aufenthalt in einer Spezialklinik erfolgen. Für die Therapie ist ein Konglomerat aus Fachärzten, Psychotherapeuten sowie Diätologen unabdingbar. Zum einen gilt es, das Gewicht zu normalisieren. Zeitgleich muss intensiv im psychotherapeutischen Bereich gearbeitet werden. Aber auch hier gilt es, die Therapie auf die individuelle Situation auszurichten. Da die Essstörung einen großen Teil der eigenen Persönlichkeit einnimmt und die Wahrnehmung gänzlich verzerrt ist, muss in der Therapie die eigene Entscheidungsfreiheit abgegeben werden. Oftmals ist es notwendig, mit gezwungenen Maßnahmen zu arbeiten.

In meinem gewohnten Alltag führe ich akribisch ein Ernährungsprotokoll, welches ich in regelmäßigen Abständen mit meiner Diätologin bespreche. Es garantiert eine adäquate Zufuhr aller notwendigen Nährstoffe. Zusätzlich habe ich einen realen Überblick über die tatsächlichen Essensportionen, denn die Essstörung spielt mir oft verzerrte Wahrheiten vor. Daneben gehe ich ein Mal pro Woche zu einer Psychotherapeutin und treffe mich zwei Mal mit einer psychiatrischen Betreuerin. Der intensive Kontakt mit meiner Fachärztin versteht sich von selbst. In meinem Fall ist besonders die psychologische Komponente wichtig, da die Magersucht zwar eminent ist, jedoch“nur“ eine Folge einer dissoziativen Persönlichkeitsstörung.

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