Wie werden Essstörungen durch Social Media beeinflusst? Folgert dadurch eine Begünstigung oder stellt die Online-Welt eine Hilfe dar? Forscher sprechen gerne von einer problematischen Entwicklung. Studien sollen dies sogar belegen. Doch gibt es ebenso positive Effekte. Entscheiden ist das Nutzungsverhalten. Hier ist der sensible Umgang gefragt.
Essstörung aufgrund von Social Media?
Nie zuvor wurde in unserer Gesellschaft dem Körper eine solch enorme Beachtung zugestanden. Verschiedenste Medien (Magazine, Werbung, Fitness) proklamieren eine Scheinwelt vom perfekten Look. Hochglanzfotografien zeigen zumeist makellose Models. Glatte Haut, durchtrainierte Körper, symmetrische Gesichter. Doch ebenso sind es Freunde wie Influencer, die sich in Postings auf Instagram, Facebook und Co ausschließlich von der besten Seite präsentieren. Das eigene Erscheinungsbild wird zur Bühne der Selbstdarstellung. Erfolgreich sind scheinbar jene, die in extremer Form vom Mittelmaß herausstechen. Die Florida State University hat in einer Studie mit 960 Probanden herausgefunden, dass bereits 20 Minuten täglich auf Social Media ausreichen, um Essstörungen zu begünstigen.
Trend Magersucht – Social Media sei Dank
Guten Morgen! Noch kaum aufgewacht; der Griff zum Smartphone. Fast schon automatisiert werden die soziale Netzwerke nach neuen Postings durchforstet. Eine wahre Welle an Informationen prasselt über den Bildschirm. Unternehmen, Freunde und Bekannte posten im Sekundentakt scheinbar perfekte Bilder. Der gesunde Smoothie vom Frühstück, die neuen Trends wie Must-Haves und der perfekte Körper nach dem geleisteten Work-Out. Dazu viele Tipps zu Rezepten, Diäten, Make-Up oder gar verschiedenes zum Thema Essstörung. 24 Stunden wird eine bestimmte Lebensweise glorifiziert. Erfolgreich ist, wer permanent Sport treibt, sich gesund ernährt und terminlich den ganzen Tag „ausgebucht“ ist. Faulheit, echter Genuss, Entspannung und Muse zur Erholung gelten hingegen schon fast als verpönt.
Social Media ist zudem nicht nur passives Konsumieren. Sie motiviert, selbst aktiv zu werden. Viele Menschen fühlen sich dadurch unzulänglich und integrieren diesen Trend dadurch in den persönlichen Alltag. Die Ernährung ist hierfür besonders geeignet, schließlich wird durch sie der eigene Lifestyle zur perfekten Bühne. Bestätigung und Motivation kommt seitens der Community. Besonders Gefährlich sind sogenannte ProAna Gruppen. In diesen wird die Magersucht als absolute Maxime verherrlicht. Die User batteln darum, wer weniger essen, mehr Sport treiben und am meisten Gewicht verlieren kann. Werden „Ziele“ nicht erreicht, erfolgt der Rauswurf. Es ist das Streben nach Likes und Höchstleistungen. Die Studie von der Florida State University zeigt, dass sich bereits ein täglicher Konsum von 20 Minuten auf Facebook negativ auf das Essverhalten auswirken können.
Gefährliche Hashtags in Social Media
Viele Profile in sozialen Netzwerken verherrlichen einen bestimmten Lebensstil. Die Selbstdarstellung von Perfektion scheint oberste Prämisse zu sein. Blogger zeigen in ihren Postings ein übertriebenes Maß an gesunder Ernährung und extremen Fitnessroutinen. Damit befeuern sie das persönliche Gefühl, unterer Durchschnitt zu sein. Follower sehen sich selbst als Versager. Viele ekeln sich sogar vor dem eigenen Körper und eifern einer perfekten Utopie nach.
Instagram hat schon vor längerem darauf reagiert. Hashtags wie #proana, #anorexia oder #thighgap wurden blockiert. Jedoch ist dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Community etabliert regelmäßig neue Keywords wie #thinspiration, #bonespiration, #svv oder #fitspiration. Es erscheint ein kurzer Warnhinweis, welcher mit einem Klick entfernt werden kann. Der Druck auf Follower zur Selbstoptimierung steigt somit ständig. Essstörungen gelten als cool und notwendig. Nur wer hungert und einen ausgezehrten Body hat, entspricht dem Ideal.
Deshalb werden Menschen mit Essstörung in therapeutischen Einrichtungen bzw. der Psychotherapie angehalten, den Konsum von Social Media einzustellen und problematische Postings zu meiden. Generell wäre es bereits im Kindesalter wichtig, konstruktive Aufklärungsarbeit durch Schulen und Eltern durchzuführen. Schließlich ist es keine Seltenheit mehr, dass junge Mädchen und Jungen mit 11 oder 12 Jahren an immensen Selbstzweifel und Essstörungen leiden.
Positive Effekte von Social Media bei Essstörungen
Nun darf man nicht glauben, Social Media hätte nur negative Auswirkungen auf Essstörungen. Es gibt auch wichtige, positive Effekte. So finden sich durchwegs wertvolle Hilfestellungen zu Ernährung, Lifestyle und Gesundheitsinformationen. Medien tragen dadurch zu Bildung und Erziehung bei. Auch Promis machen sich für ein positives Körperimage stark. Sie ermutigen zur wertschätzenden Wahrnehmung vom eigenen Körper, sprechen offen über Chancen, Möglichkeiten sowie Selbstbewusstsein. Damit nehmen sie eine wichtige Vorbildfunktion ein. Rihanna, Iskra Lawrence und Sam Smith z. B. motivieren durch ihren Einsatz für mehr Selbstliebe.
Die englische Zeitung The Independent veröffentlichte sogar ein Video von Sam Smith, in dem er ein lustvolles Körperimage feiert. Iskra Lawrence ist Repräsentantin bei der NEDA (National Eating Disorders Association)
Fazit
Social Media spielt eine beträchtliche Rolle, wen es um Essstörungen geht. Viele Jugendliche und ebenso Erwachsene verbringe viel Zeit auf den verschiedenen Plattformen. Aufgrund der Verherrlichung von Idealbildern können Essstörungen ausgelöst sowie verstärkt werden. Postings vermögen zu negativen Verhaltensweisen zu motivieren. Das vermittelte Ideal steht dabei meist in keinem realen Verhältnis zur tatsächlichen Wirklichkeit. Deshalb ist es umso wichtiger, einen gesunden Umgang mit Social Media zu lernen. Hier sind vor allem Aufklärungsarbeit, Bildung wie Erziehung gefragt. Sorgsame Nutzung und das Hinterfragen von Werten ist von besonderer Bedeutung.
Mit Verstand genutzt gibt es viele positive Effekte. Social Media liefert wertvolle Informationen zu Ernährungsfragen, kann Hilfestellung geben und den zwischenmenschlichen Austausch fördern. Celebrities agieren hier als Vorbilder. Abstand zu nehmen sei vom bloßen Streben nach Likes. Erst die Zukunft wird zeigen, welchen Stellenwert Social Media bei Langzeitfolgen haben wird.